Achtung – dieser Fortsetzungsroman ist keine gute-Nacht-Geschichte. Achtung, nur für Erwachsene. (Informationen zu „Elphenbein“ unter
www.pies-gestalten.de/ueber-elphenbein/ )
Kapitel 42 – Zweiundvierzig
Simbas Wohnung lag im Schatten eines Baumes am Ende einer sehr langen Straße im Stadtteil Friedrichstadt.
Das schlampig überklebte „S. Imbargu“ an der Klingel im Erdgeschoss lud nicht zu Spontanbesuchen ein.
Und tatsächlich erwartete der vierundzwanzig jährige Sascha weder Familie noch Freunde. Nach vier Jahren beim Bund zog er es vor, sich vor alten Bekannten abzuschotten.
Er hatte genug Zeit gehabt, die Soldaten kennen zu lernen, und sie hätten ebenfalls die Gelegenheit nutzen sollen, herauszufinden, was für ein Mensch er war.
Mit einigen von Ihnen hatte Simba Dresden bei Nacht erkundet. Aber sie verstanden nicht, warum er nie nach Hause wollte, wenn doch alle ihr Etappenziel längst erreicht hatten. Trinkfest und notgeil, das waren allgemein akzeptierte Eigenschaften, doch darüber hinaus faszinierten ihn Partys einfach und – die Anderen waren nicht begeistert, als er immer neue Leute anschleppte und offenherzig jeden miteinander bekannt machte.
Manche bereuten, dass sie ihn mitgenommen hatten, und keiner wollte es wahrhaben, dass die Clubabende bei Simba etwas ins Rollen brachten, wozu ihnen das Verständnis fehlte…
…so viele Menschen in einer Nacht! Fast alle freundlich gesinnt, jeder mit seiner eigenen Geschichte, die nur darauf wartete, von Sascha gehört zu werden. Die Erzählungen erblühten so vielfältig in seinem Umfeld, wenn Sascha ihnen nur ein paar Stunden Aufmerksamkeit einräumte. Selbst der ödeste Langweiler schien aufzuleben, wenn er mit Sascha auf sein Leben schaute.
Manche waren leider unübersehbar dumm, wie Simba gerne zugab. Dennoch lag in ihnen ein Schatz vergraben.
In einer einzigen Nacht erfuhr er von ihnen mehr über die Welt, als er aus einem ganzen Monat in Afghanistan mitnehmen konnte – natürlich teilte niemand diese Meinung, und er hütete sich, sie offen zur Sprache zu bringen.
Im Stillen verabschiedete er sich von der Truppengemeinschaft und beendete seinen Dienst.
Er sagte seinen Freunden, dass er doch nicht mit ihnen beim Bund studieren wollte. Sie verstanden natürlich nicht.
Einer, der verlängert hatte, schickte ihm Briefe.
Sascha lies den Briefkasten überquellen, bis keine Post mehr zugestellt wurde.
Er wollte nicht, dass jemand erfuhr, wie viel Zeit er tatsächlich in die Technoszene investierte. Dass er mittlerweile auch ein Vollzeit-Dealer war, wollte Sascha nicht mal selber von sich wissen.
Deshalb vermied er das Thema und wusste stattdessen von vielen anderen Dingen zu berichten.
Elli mochte ihn.
Simba war der einzige Mensch, mit dem sie jemals außerhalb der Schule eine Tierdoku gesehen hatte, er merkte sich sogar die lateinischen Namen.