Achtung – dieser Fortsetzungsroman ist keine gute-Nacht-Geschichte. Achtung, nur für Erwachsene. (Informationen zu „Elphenbein“ unter
www.pies-gestalten.de/ueber-elphenbein/ )
Kapitel 45 – Fünfundvierzig
Heliane saß in ihrem Zimmer am Tisch vor dem Fenster und blickte nach draußen auf die Rasenfläche, die sie im Dunkeln nicht sehen konnte. Soeben hatte sie die letzte E-mail für eine komplizierte Marktorganisation geschrieben und hatte nun endlich frei, um sich dem Samstag Abend zuzuwenden. Es war bereits drei Uhr, aber das konnte sie nicht davon anhalten, noch eine kleine Belohnungsrunde durch einen der Clubs zu drehen. Seit sie die Ablehnung für ihr Praktikum erhalten hatte, hatte sie unermüdlich gearbeitet und alle Vorraussetzungen für ein weiteres gefülltes Marktjahr getroffen, die ihr einfielen.
In der Nähe gab es einen Laden, der Samstags bis 7 Uhr geöffnet hatte. Sie klappte den Laptop zu und ging ins Bad, um sich zu schminken.
Die Bänke vor dem Ballwerk waren gut bevölkert und sie suchte sich eine Lücke auf dem Stamm und nahm Platz. Das Feuer war frisch nachgelegt. Die heißen Flammen schlugen hoch und erhellte die Umsitzenden. Fast alle hatten ihre Pullover und Jacken abgelegt und genossen die brennende Hitze auf der Haut. Helia gegenüber saß ein wild gepiercter, kindergesichtiger Junge mit mehreren Hunden, und sie erkannte ihn und winkte zur Begrüßung. Er nickte kurz, und sie begann, nach einen Platz in seiner Nähe Ausschau zu halten, aber da wandte er sich schon wieder seiner Nachbarin zu und war tief im Gespräch, als sie dort ankam.
Helia sah, dass er bereits schwankte. Er sagte vieles mit Nachdruck, der Irokesen wippte bei diesen Wörtern auf seinem Kopf und er hielt sich dann sehr fest an der Hand von Ursula, der Garderobenfrau.
Die lächelte gutmütig, schüttelte immer mal wieder eine Hand aus und reichte ihm solange die andere. Sie war eine Art Mutterfigur im Ballwerk, und zugleich auch Halbeigentümerin. Manche bezeichneten sie als Clubseelsorge, die gute Seele, die hinter ihrem Garderobentreschen saß und den Backstagebereich hütete. Von Zeit zu Zeit mischte sie sich unter die Gäste und forschte mit ihrer gutmütigen Art nach einzelnen Problemen, aber wenn sie eines fand, ließ sie nicht wieder locker, bis ihre Hilfe zur Genüge in Anspruch genommen wurde. Momentan schien sie fündig geworden zu sein.
Helia nahm ein wenig Abstand. Spencer, die gepunktete Mischlingshündin, hatte sie jedoch erkannt und stupste mit feuchter Schnauze gegen ihre Hand. Helia lockte sie ein Stück außerhalb der Baumstämme und setzte sich dort auf die Erde. Sofort legte Spencer eine Pfote auf ihr Knie und präsentierte ihren struppigen Nacken. Helia kraulte. Die Hündin rutschte immer weiter auf ihren Schoß, bis sie schließlich mit dem Bauch auf ihren Beinen lag. Es sah nicht so aus, als plane sie, bald wieder von dort aufzustehn. Sie schloss die Augen, und ein Stoßseufzer lief durch ihren Körper. Die Schwanzspitze zuckte leicht.
Helia fühlte sich beobachtet. Sie bemerkte, dass jemand zu ihr herübersah. Er hatte schon eine Weile verkehrt herum auf dem Balken gesessen und geguckt. Sie schaute zurück und lächelte. Es war derselbe Mann, der ihr damals auf der Kleingartenparty das Tütchen mit Gras zugesteckt hatte. Er schaute ertappt zur Seite.
Helia rief ihm etwas zu, aber fühlte sich wohl nicht angesprochen. Sie hatte seinen Namen vergessen. Plötzlich drehte der Wind und blies den Rauch direkt in Helias Richtung. Sie warf Spencer von ihrem Schoß und sprang auf, der Hund lief zurück zu seinem Herrchen. Helia selbst zog es vor, nach drinnen zu gehen.