17-Elphenbein

Achtung – dieser Fortsetzungsroman ist keine gute-Nacht-Geschichte. Achtung, nur für Erwachsene. Informationen zu „Elphenbein“ mit *klick* aufs Bild im Text. (Foto: Pies Gestalten)

Kapitel 17 – Siebzehn

„Sind sie gefallen?“ Der Verkäufer hinter der Tankstellentheke dreht den Kopf und deutet mit seinem Kinn viel sagend auf Helias Fahrrad neben der Tür. Er hat einen blondierten Bart und eine ebenfalls blonde Igelfrisur. Sie ignoriert sein aufgesetztes Mitleidsgesicht und stopft das Wechselgeld in die Umhängetasche. „Nein. Zu viel getrunken. Der Typ, meine ich.“ Er macht große Augen.

„Blödmann“, zischt sie, schon wieder im Sattel, und radelt zum zweiten Mal Richtung Hochhaus.

Unten am Fahrradständer holt sie ihr Handy hervor, tippt den Aufladecode ein und wartet.
Wenn man bis zum Hals in Scheiße steckt, sollte man möglichst bald anfangen, die einzelnen Probleme in die Hand zu nehmen.
Wobei sie schwerlich sagen kann, dass das anstehende Telefonat
die am leichtesten zu überwindende Angelegenheit ist.elf17
„Leider reicht ihr Guthaben für den folgenden Anruf nicht aus. Sie können aber durch Freunde oder Familie…“ Ansage, usw.
Damit ist die Frage, welche Sache sie als nächstes anpackt, geklärt.

Sie schaut nach oben zu den Atelierfenstern. Noch eine Minute untätigen Abwartens, und sie wird explodieren. Oder kotzen. Also los.

Inmitten des Vierecks aus Schubladen, einem Regal, Werkzeugkiste und einem Korb voller Stoffe liegt ein Brief auf dem Schreibtisch, ihre aufgerissene Ablehnung für das Praktikum.
Man kann sich schriftlich bewerben, oder anrufen, oder einfach vorbeikommen, wobei für letzteres keine Personaladresse angegeben ist. Sie hat erstes gewählt, eine Fehlentscheidung.
Noch einmal nachhaken, oder doch persönlich vorstellig werden, dafür ist es zu spät. Die Bewerbungsfrist: Bis letzten Donnerstag.
Die Absage im Briefkasten: Freitag Mittag.

Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, sich für den Studienplatz “Restaurator“ zu qualifizieren, nämlich ein Vorpraktikum. Plätze gibt es einige, aber nur das Angebot des Grünen Gewölbes erfordert keinen Führerschein. Helia kann Traktor fahren, aber das hilft ihr nicht weiter, und auch im nächsten ungefüllten halben Jahr wird es nicht nützlich sein.

Sie greift in die Kiste mit den Perlen. Einige sind winzig rund und glitzern in der Sonne, andere größer und mit Steinen darin,
einige aus Glas, mit verwundenen Farbschlieren, so groß wie ein einzelnes Fingerglied, Kinder benutzen sie in Murmelbahnen.
Und runde Pflanzensamen – Paul hat sie ihr letztes Jahr aus Afrika mitgebracht. Und Steine, geschliffen vom Meer, mit gebohrten Löchern für eine Kettenschnur.
In den Schubladen liegen einige fertig gestellte Gegenstände – Schrankknäufe, Spiegel natürlich, der Klassiker, bunt verziert und bemalt, zusammengesetzt aus Scherben; die ersten zaghaften Versuche gelöteter Vögel aus Drahtresten und natürlich zusammengeflickte Kostümteile für Kinder.

Flicken, Reste und Scherben, was für ein Kapital.

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