Achtung – dieser Fortsetzungsroman ist keine gute-Nacht-Geschichte. Achtung, nur für Erwachsene. Informationen zu „Elphenbein“ mit *klick* aufs Bild im Text. (Foto: Pies Gestalten)
Kapitel 18 – Achtzehn
Auf der anderen Seite der großen Atelierfenster fristet der Sportplatz zwischen Sträuchern und hochgewachsenem Gras
sein einsames Dasein, die Autofilialen haben sich breit gemacht
und behaupten auf einigen Quadratmetern im Ödland ihren teuren Glanz, dahinter noch ein paar Wege, noch mehr Gestrüpp bis zur Plattenbausiedlung.
In Dresden schwimmen neben den alten Schaufelraddampfern noch zwei weitere, motorisierte Bussinessattraktionen auf der Elbe; wegen ihrer glasfassadigen Hässlichkeit wurden sie vom Volksmund mit den Namen zweier Neubaugebiete benannt:
MS Gorbitz und MS Prohlis.
Das Hochhaus, in welchem Helia schon während ihrer Schulzeit viele Stunden verbracht hat, ist eines der dort im Brachlandstreifen errichteten Bürogebäude; kein Weiteres folgte .
Der Investor August Pirling, damals bereits jenseits der 50, hatte über die Köpfe seiner Wirtschaftsschergen hinweg entschieden, noch einen Sohn in die Welt zu setzen und seine Kräfte nicht weiter an die Problematik „Wende“ zu verschwenden.
Mit 14 Jahren forderte Levin von seinem Vater das Recht auf Selbstbestimmung ein und tauschte die Bücher in seinem Ranzen gegen Spraydosen, zwei Jahre später gab der Vater nach und überreichte seinem Sohn die Schlüssel für das alte Großraumbüro
in Etage 7. Seit diesem Tag vor 5 Jahren bedecken Farbspritzer den Boden, die Fenster sind dreckig, aber ansonsten läuft es recht ordentlich ab im Atelier Dohnaerstraße.
Heliane nimmt den Brief vom Tisch, sie will ihn zerreißen,
überlegt es sich jedoch anders und legt die Absage auf ihre Tasche.Für den Monat Juli stehen noch zwei größere Termine
in ihrem Kalender, eine Vernissage, bei der sie versprochen hat zu helfen, außerdem eine Modenschau, Organisierende sind dort immer gefragt. Zusätzlich sind fünf Märkte angesetzt.
Die meisten Mieter des Ateliers stellen neben ambitionierter Kunst auch kunsthandwerkliche Konsumartikel her, eine Voraussetzung, ohne die man eigentlich keinen Platz bekommt. Außer man hat Kontakte, reiche Eltern, bekannt mit Pirling… die ihre elterliche Zuneigung jedenfalls in Geld ausdrücken.
Alle anderen verkaufen an einem bis drei Ständen auf alternativen Veranstaltungen, Künstlermärkten oder saisongebundenen Ereignissen wie dem Mittelaltermarkt zu Weihnachten ihre Ware. Sie zahlen 90 Euro Miete und gewährleisten mit ihrem Engagement für den Verein „das die Hütte nicht verkommt und keine anarchistischen Ungepflogenheiten auftauchen.“
Heliane fährt sich über die Stirn. Die Einkünfte von den Märkten übersteigen zwar ihre Kosten für den Platz. Sie sind auch ausreichend um in Verbindung mit abgelaufenen Produkten aus dem Supermarktcontaier gut durch jeden Monat zu kommen. Vermutlich besteht die Chance, den Restauratorenverband –
oder wer immer das Sagen hat – durch handwerkliche Erfahrung zu überzeugen, auch weiterhin.
Den einzigen Praktikumsplatz ohne Führerschein zu ergattern.
….Vielleicht im nächsten Jahr.