„Koerperarbeit“

Was heißt Körperarbeit?

Es meint nicht Sport.
Sport in dem Sinne, dass ich meinen Körper gemäß meiner Vorstellung für mich arbeiten lasse.
Körperarbeit heißt, ich höre meinem Körper zu, mit dem Ziel, ihn zu bewegen, und auf ein Wissen zurück zu greifen, dass in meinem Körper, aber nicht in meinem „Kopfwissen“ ist.

Ich kann nämlich auf das Wissen meines Körpers nicht so zugreifen, wie ich beispielsweise auf gelernte Dinge wie Wege, Etikette oder Matheaufgaben zugreifen kann. Ich muss meinen Körper fragen.

Aber ich muss erst lernen, wonach ich fragen könnte, und ich muss lernen, zuzuhören.

experimentell erklärt

Wem das zu abgespaced klingt, der stelle sich genau das vor: Space.
Was wir vom Weltraum sehen.

Unser Nachthimmel: Wenn man da unwissend hinschaut, sieht man schwarz mit weißen Punkten.

Es gibt nicht viel zu finden, wenn ich nicht weiß, wohin ich schauen muss. Der Fokussierte Blick auf einen bestimmten Teil des Nachthimmels bringt nur wenig mehr Wissen:
Man sieht dann schwarz mit einer bestimmten anzahl weißer punkte, die in einer bestimmten Art verteilt sind.

Ähnlich ist es mit dem „Blick“ in den eigenen Körper. Ändern wir mal die Frage von „was sehe ich?“ zu „wie fühle ich mich?“.

Möchte ich mehr Wissen durch meine Frage erlangen, als bei:
„Wie geht es mir?“ – Antwort: „mein Fuß juckt“, so muss ich Experimente durchführen, die mir mehr, konkretere und tiefsinnigere Antworten liefern können.

Ein in Körperarbeit ungeübter Frager wird nur oberflächliche, akute Ereignisse wahrnehmen, genau wie der unbedarfte Sternengucker: Der sieht vielleicht eine plötzliche Sternschnuppe.

und weiter

Nochmal beim Nachthimmel bleiben.
Möchte ich wissen, was ich dort AUSSER einer Anzahl weißer Punkte auf schwarz NOCH sehe, könnte ich Beispielsweise nur zwei dieser Punkte betrachten und sie miteinander vergleichen.

Eine andere Möglichkeit wäre, eine längere Zeit einen bestimmten Abschnitt des Himmels zu beobachten und Veränderungen zu registrieren.
Oder aber ein Hilfsmittel zu nehmen, mit dem ich den Punkt größer sehen kann.

Beim Hineinfühlen in den Körper schränke ich den Rahmen meiner Beobachtung ebenfalls ein:
1. ich suche mir für mein Experiment ein Körperteil aus (1 Zeigefinger)
2. ich mache eine einfache(wichtig!), nicht anstrengende (WICHTIG!!!) Bewegung. Wie zum beispiel, den Finger zu strecken und leicht anzuwinkeln.
3. ich wiederhole diese Bewegung oft und langsam und frage: „Was passiert da?“
Anfangs werde ich einfache Beobachtungen vermerken, wie „mein Finger wackelt.“ Das ist der äußerlichen Betrachtungsweise geschuldet, die unser das Zuhören nicht gewohnter Gedankenapparat bestens trainiert hat
.
Mit der Zeit lassen sich weitere Beobachtungen ausmachen:
Ist es warm oder kalt, welche Muskeln sind für die Bewegung notwendig?

Aber Achtung: es geht nicht darum, anatomisches Wissen aufzubauen. Hierfür wäre es einfacher, aus einem Biologiebuch zu lernen.

worum gehts

Fotos: Jo Grabowski
Fotos: Jo Grabowski

Es geht darum, zu verstehen, wie MEINE Bewegung funktioniert, um anhand dieses Wissens neue Bewegungs-experimente mit meinem Körper durchzuführen.
Beispielsweise das Schließen einer Hand:
Plötzlich wird mir bei meinen geduldig durchgeführten Experimenten bewusst, dass ich die Bewegung sehr verschieden ansetzen kann:
Mit dem Einknicken der Handfläche, dem einrollen der Fingerspitzen oder einer Bewegung des Daumenballens Richtung kleinem Finger.

All diese Möglichkeiten benötigen unterschiedliche Muskelspannungen und erzielen andere optische Ergebnisse.

Aaah, darum ist es wichtig: Es geht um darstellerische Wirkung und um Möglichkeiten der Entlastung, bzw. Heilung, ja.
Die Hand ist nur ein Beispiel. Jede zielgerichtete Bewegungsfolge lässt sich untersuchen, variieren und neu lernen.

Weg zum Ziel

Es ist Anfangs wichtig, dass die gewählte Bewegung (Versuchsanordnung) nicht nur einfach, sondern auch typisch für dieses Körperteil ist, da so möglichst allgemeines Wissen aus den Experimenten herausgezogen werden kann.

Es bleibt übrigens nicht bei Bewegungen einzelner Körperteile. Bewegungsfolgen wie Hinsetzen, Hinlegen…. und jegliche konkret motivierte Bewegung von hier nach dort, sind variierbar.

Nach und nach verwandeln wir unseren Körper in ein hochpräzises Instrument – oder vielmehr: wir gestehen ihm in unseren Gedanken zu, dass er genau das ist. Obwohl wir davon nichts mitbekommen, wenn wir gerade an Wege, Etikette oder Mathe denken.

Wie können unser Körperwissen nur dann nutzen, wenn wir uns gerade bewusst darauf einlassen, hinzuhören und anderen Gedankenkram beiseite zu schieben.

Diese Körperarbeit ist für mehrere Dinge gut:
Ich kann besser Verletzungen vorbeugen.
Ich vervielfältige meine Ausdrucks- und Bewegungsmöglichkeiten. Ich lerne mich als ganze menschliche Persönlichkeit mit Körper und Denken kennen. Nicht selten legen solche Körperarbeit-Experimente auf einmal unverhofft Erinnerungen oder Gefühle frei.

Und natürlich schulen die Experimente der Körperarbeit auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns.

Fotos: Jo Grabowski
Fotos: Jo Grabowski

2 Gedanken zu „„Koerperarbeit““

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