Spring in den Himmel und verschieb die Schafe…
(Ich habe überlegt, dich zu besuchen, aber es passte nicht.)
„Ich will euch vögeln sehen“, sagst du plötzlich so unvermittelt in den Moment hinein, dass ich nochmal nachfrage. Irgendwer bestätigt, dass du gesagt hast was du sagtest. Die Situation ist skurril, aber echt und ich traue meinen Ohren genug, um zu glauben dass sie mir die beste Interpretation deines Satzes für diese Sekunde übermittelt haben. Aber ich werde nie wissen, was die anderen und du selber hörtest.
Und wir trinken noch einen, und ich tu mehr so als würde ich trinken, denn ich merke, dass ich das Lenkrad halte an diesem Abend, und heute plötzlich zu wichtig und besonders geworden ist, als dass wir blind fliegen gehen sollten.
Ihr werdet noch viele dieser wunderbar ehrlichen, erschreckenden Sachen sagen an diesem Abend, Überraschendes. Plötzlich werdet ihr zu eurer Liebe stehen und Ratlosigkeit zugeben, und Wahrheiten verraten ohne Maske und Filter, und ich werde das Licht auf eure Vergangenheit und Zukunft anders sehen.
Ihr werdet vergessen, was ihr gesagt habt. Und ich trag euch die Worte nicht nach bin nur dankbar, dass ich von euch lernen darf, euren Leben, in diesem ehrlichen Moment.
Wie gerne möchte ich mit euch wieder unser Feuer tanzen lassen und ein paar Herzen entfachen, so wie die Abendsonne durch Wolkenschafe tanzt und Kapitulation vor der schieren Romantik des Alltäglichen entfacht.
Ich vermisse uns, wie so vieles aus der Zeit, als Corona noch ein hübscher Kranz aus Mondlicht am Nachthimmel war – am Himmel durchfeierter Nächte und guter Gespräche.
Und was, was können wir tun Freunde, dass weitergelebt und weitergefühlt wird und auch ihr zu euch steht? Wie das Feuer erhalten, flammen lassen? Oh jede Sekunde, in der ein ehrliches Wort über die Lippen eines lieben Menschen geht und laut genug war, dass es bis in seinem eigenen Herzen ankommt – dort so laut wiederhallt, dass er erinnert, wofür er fühlen will und sich einsetzen muss – jede dieser Situationen ist ein Geschenk.
Wir waren es gewohnt, von der Bühne herunterzuschenken. Geschichten über die Echtheit des Anderen, der vielen Möglichkeiten: Schaut mal, es geht auch anders. Habt Fantasie, geht eigene Wege. Jede menschliche Regung ist verständlich…
Ich war es gewohnt, meinen Körper den anderen zu leihen, den Geschichten der Heldenhaften und Heldenlosen, sie zu beleben, um ihre Gefühle aus mir sprechen zu lassen. Ich habe das gewollt. Ich bin ein Verständnisentfacher.
Und jetzt? Wohin mit den Wahrheiten, die nicht mehr ausgesprochen und gesungen werden können, damit sie so sehr mitreissen, dass jeder selbst sie sprechen kann? Wohin mit all der notwendigen Nacktheit? Ich bin so leer jetzt.
Du denkst, Flieger, ich sei voller jungem Leben, aber ich bin nur ein chameleonhafter Container, der fremde Ideen auffängt und filtert und verstärkt. Das ist meine Kraft. Das Feuer brennt nicht ohne Funken.
Aber wenn es brennt, seh ich ein Lächeln auf deinem Gesicht, so stark wie die Sonne. Wenn ich da bin, seh ich Deinen Körper sich spannen und im Umkreis von ein paar Metern werden sie neidisch auf dich und deine Aura.
Was ist sonst los mit dir? Als hättest du eine öde Maske auf von deiner eigenen Haut, nur drei Nummern gelangweilter. Du musst da etwas tun.
Wir alle müssen. Setzt eure Masken ab, denn ihr seid so viel schöner lebendig ohne. Bitte nehmt, nehmt und behaltet diese Energie! Eure Wahrheit, da steckt sie drin! Sie kommt nicht von mir, ich entfache sie nicht und verursache nicht.
Das Feuer, dass sich in euren Händen wiegt und eure Sinne zum Tanzen bringt, ist euer eigenes Feuer.
Auch dem Tisch vor uns brennt eine Kerze. Wir lachen, der Abend ist so schön, und so harmlos und voller Leben.
Lebt Freunde, lebt und brennt und tanzt für eure Liebe. Ihr seid es wert. Nicht zu euren eigenen Masken zu werden. Denn Masken sind schön, so schön und tot wie Puppen.
Aber ihr lebt und euer absurdes wunderbares Leben ist die Energie an deren Tropf die Hände der Puppenspielerin hängen. Die Hände, und vielleicht, eines Tages, auch ihre Flügel.
Nehmt die Masken ab, indem ihr sie neu belebt, durchfühlt, durchspürt, durchblutet, ich will euch zeigen wie das geht.
Und wenn ich mangels Bühne als nackter Engel fliegen lernen muss, um euch zu lehren, wie schön eure nackten, ehrlichen Gedanken sind.
Was wird nun aus mir? In mir lebt nichts als die nackte Wahrheit der tausend Möglichkeiten, der guten und der schlechten. Ich war ein Blicklenker, ein Fokussetzer. Jetzt strebt mein eigener Blick in die Luft und ist süchtig nach jedem Sonnenaufgang, der sich in den Wolken bricht.