Wir alle wollen wieder veranstalten. Wir wollen, dass es wieder richtig los geht. Dass wir wieder Geld verdienen können und dass eine Veranstaltung wieder so ist, dass wir, die sie machen, geniessen können und dass das Publikum auch geniessen kann.
Aber wenn es dann irgendwann wieder so weit ist, dann werden wir vor Allem wollen, dass jede-r Beteiligte „seinen scheissverdammten Job macht!“
Aber ist das die richtige Herangehensweise? Ist es so, dass die Technik sich darüber aufregen muss, dass die Darsteller nicht mal ihren scheißverdammten Text gelernt haben, dass die Darsteller sich darüber aufregen, dass die Technik immer nur blöd in der Gegend rumlungert, und immer nur sagt was alles nicht geht.
Ist es so, dass alle Überstunden machen müssen, ist das so, dass Alle immer umsonst gekommen sein müssen, wäre es nicht viel besser, wenn wir uns damit auseinandersetzen, was der Job der jeweils anderen ist und versuchen, aufeinander einzugehen und zu wissen, dass die Darsteller die ganze Zeit trainieren müssen, und zu wissen, was die Techniker alles wissen müssen und warum sie nein sagen. Wäre das nicht besser?
Ist es richtig zu sagen, „diese dummen Künstler“, die immer nur beachtet werden wollen. Ist es richtig zu sagen, diese scheißfaulen Techniker, die nie ihren Job machen. Ist es richtig zu sagen, das dumme Publikum, rennen überall rum und nehmen alles mit und kippen ihr Zeug hin.
Im Beobachten sind wir alle gut. Jeder kann da was über die Anderen sagen:
Die Regisseure über die Dramaturgen, dass das lahme Theoretiker sind, und die Dramaturgen über die Regisseure, dass die nicht wissen wie man am Zeitgeist arbeitet. Und die Schauspieler von den Opernleuten, dass deren Kunst verstaubt und übersubventioniert ist, und die Puppenspieler über alle anderen Darsteller, dass Figurentheater die modernste aller Künste ist.
Und die Plastiker sagen über die Regisseure, dass wegen ihnen Material verschwendet wird und die Leute sich krank arbeiten, weil so unrealistische Zeiträume vorgegeben werde, und die Regisseure schimpfen über die Werkstätten, dass entweder schlampig, nur zur Hälfte oder mit korinthenkackerischer Genauigkeit ausgearbeitet wird, was überhaupt nicht bestellt war.
Und die Werkstätten mit den Bühnenmeistern schütteln die Köpfe über die Schauspieler, weil das gemeingefährliche Hühner sind, und die Messebauer sagen vom Rundfunk, dass die nix arbeiten und der Rundfunk sagt über die Messebauer, dass die nix können.
Die Tonmeister von den Maschinisten, dass das Untermenschen sind und die Maschinisten von den Tonleuten, dass das realitätsferne Schnösel sind.
Und die Veranstalter über die Türsteher, dass sie die falschen Leute hereingelassen haben und die Türsteher über die Veranstalter: Wie wärs mit Pausenzeiten zum Aufwärmen, und die Technik über das Catering, dass das verrückte Stromdiebe sind, und das Catering über die Bands, dass die ihnen das Buffet verwüsten,
Und die Artisten über die Eventagenturen, dass die erst nerven und dann nicht da sind wenn man sie braucht, und die Agenturen über die Stagehands, dass die nie ansprechbar sind, und die Stagehands über die Organisatoren, dass deren Pläne zu wenig mit der Realität zu tun haben.
….und die Kunst sagt zur Technik, dass die Technik ohne Künstler arbeitslos wäre und die Technik sagt zur Kunst, dass ohne Technik die Kunst kein Publikum erreicht.
Und wir alle fragen uns, wann wir mal geradeaus und sinnvoll arbeiten können, ohne dass jemand im Weg steht.
Ist es nicht richtiger zu schauen und zu wissen, dass jeder Einzelne sich einfach nur Mühe geben möchte? Ist es nicht richtiger, sich selbst Mühe zu geben und zu schauen, in was für einem riesigen Bereich man da eigentlich arbeitet und was die anderen leisten?
Jeder hat Bestandteile des Jobs von den Anderen von denen er sagt, dass er das nicht kann. Daraus entsteht kein Ärger. Der Ärger kommt, wenn es Dinge gibt, von denen wir gar nicht wissen, dass die anderen das tun, und wir wissen nicht welche Sorte Aufwand das ist. . .
Wir sollten die Fähigkeiten und die Eigenheiten der anderen kennen und schätzen lernen und unsere eigenen auch. Die Schönheit der Anderen, das Durchsetzungsvermögen der Anderen, die Genauigkeit der der Anderen.
Und wir sollten die Bereiche der Anderen auch mal ausprobieren und dann am Ende nicht nur sagen: Ach das, dies, das könnte ich nie.
Sondern besser wissen, WAS wir nicht können, damit, wenn es drauf ankommt, wir zurück treten und wertschätzen können…
dass die Schönen im Ernstfall, auch wenn sie gerade etwas ganz anderes im Kopf haben, schön sein werden.
dass die mit dem Durchsetzungsvermögen und dem breiten Kreuz im Ernstfall durchsetzen werden, was unser aller gemeinsame Interessen sind,
dass die, die immer nur die Regeln im Kopf haben, am Ende gerade stehen werden für uns und uns den Arsch retten werden.
Was die Arbeit dann mit unseren Kollegen macht und warum es vielleicht ok ist, dass sie genau so sind, wie sie sind. Weil sie es müssen. Weil es notwendig ist, manche Dinge mit einer bestimmten Haltung anzugehen, weil man sonst nicht zu einem guten Ergebnis kommt.
Und deswegen sollten wir auch mal in die Bereiche der anderen reingucken um genau abschätzen zu können, was es ist, was die anderen uns im Ernstfall geben können. Sie wertzuschätzen und zu wissen, wofür wir uns selbst wertschätzen können. Denn nur dann sind wir zusammen.
Absolute Trennung, das ist nicht zusammen, das ist auch nicht Wertschätzung, das ist einfach nur nebeneinander her. Und was parallel verläuft, kann sich gegenseitig nicht beeinflussen, und kann gegenseitig nicht voneinander lernen. Und dann werden wir nicht besser, und dann kreieren wir auch nichts Neues. Wir reproduzieren nur, was wir selber im Kopf haben. Und das ist: Verdammt begrenzt.
Aber endlich vernetzt zu denken. Wenn wir endlich wieder richtig gute Veranstaltungen machen können. Lernt die anderen kennen und lernt, was ihr selber könnt. Und kommuniziert das:
Zeigt auf die anderen und traut euch zu sagen:
Die da, meine Kollegen, die sind super.