Vom Sein dürfen. Teil 1

Regie. Der Blick durchs Auge

Als Regie einem Probenprozess voranzustehen bedeutet Loyalität zur Produktion, fokussiert und engagiert zu sein.

Da sein für den Spieler, Verantwortung übernehmen. Es bedeutet, den Spieler zu beobachten, genau hinzugucken. Ich lasse den Spieler nicht aus den Augen. Ich achte ihn, werde ihn vollumfänglich unterstützen, und halte ihn auf Spur.

Die Regie muss erfassen, was auf der Probe gerade passiert und einerseits bewerten, ob es noch zu dem passt, was der übergeordnete Plan ist.
Und andererseit muss sie nicht nur den Spieler kontrollieren, dass er tut was er soll, sondern muss gleichzeitig offen sein für die eigenwilligen, kreativen, lebendigen Vorschläge, die dem Spieler passieren. Hier kommen Dinge zutage, die man sich nicht ausdenken kann, die nicht zum Konzept gehören, aber die es verbessern, und ihm zuarbeiten.

Regie zu sein bedeutet also gleichzeitig offen zu sein und aufzupassen.

Darüber hinaus muss die Regie den Spieler schützen. Es ist wichtig zu wissen: Meine Forderungen strengen den Spieler an. Auch hält die Regie den Rahmen gegenüber Störfaktoren von aussen, damit ein Spieler sich auf das konzentrieren kann, was seine Aufgabe ist, und nicht zum Beispiel durch Kritik zu einem frühen Zeitpunkt in der unsicheren Probierphase davon abgehalten wird, sich zu entfalten. Die Regie ist für den Spieler erster Ansprechpartner.

Eine gute Regie fordert.
Ich fordere zu Dingen heraus, die den Spieler manchmal an seine Grenzen bringen, und das wird Feedback nach sich ziehen: Dass der Spieler mit mir und gegen mich kämpft. Das muss ich aushalten, dass da eine Person mit der nackten Angst zu scheitern gefrustet vor mir steht, und dass ich Verursacher dieser Angst bin.

Eine Regie muss die Zweifel, die jeder Spieler hat, in dem was er tut, wenn er sich hingibt, tolerant annehmen. Denn ein Spieler lässt sich (wenn er bestmöglich eingesetzt wird) immer auf etwas Neues ein.

Das tut weh, ist anstrengend und verunsichert, und dafür muss eine Regie Verständnis haben und Räume eröffnen, in denen sie sagt: „Das ist alles ok. Ich bin für dich da und sieh mal, hier habe ich eine Übung mitgebracht, die dich in die schwierige Situation versetzt, aber dir ein Geländer gib, an dem du dich entlang hangeln kannst bis du dort ankommst, wo du es es verstehen kannst.“

Die Regie muss selbst daran glauben und nach aussen vermitteln, dass der große Plan – die Produktion – trotz Rückschlägen und notwendigen Änderungen gelingen wird. Die Verantwortung für den gelingenden Ablauf bis zur Premiere trägt die Regie.

Frische Motivation für den Spieler kommt von seiner Regie. Es gilt, neue Wege aufzuzeigen. Für ein konkretes Beispiel findet ihr hier einen Text zu Rollenarbeit und Werkzeugen, entwickelt für eine Science Show.